Hydrothermalquellen in der Tiefsee

Projektleiterin

Projektleiterin

Abteilung Molekulare Ökologie

Dr. Anke Meyerdierks

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

2202

Telefon: 

+49 421 2028-9410

Dr. Anke Meyerdierks

Seit 2005 werden in der Abteilung Molekulare Ökologie freilebende mikrobielle Lebensgemeinschaften an heißen Quellen (Hydrothermalquellen) in der Tiefsee erforscht. Unsere aktuelle Forschung findet in Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ (MARUM/Universität Bremen) und Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Fachrichtungen (z. B. Geologie, Ozeanographie, Fluidchemie) statt. Ziel unserer sehr interdisziplinären Studien ist es, unser immer noch sehr geringes Wissen über die Interaktion von Biosphäre und Geosphäre an Hydrothermalquellen zu erweitern. Unsere Arbeit umfasst auf der einen Seite die pure Beschreibung der Zusammensetzung von mikrobiellen Lebensgemeinschaften an neu entdeckten Hydrothermalquellen. Unser Hauptinteresse richtet sich aber auf die Identifikation und Charakterisierung von Mikroorganismen, die eine Schlüsselfunktion entlang der physikalischen und geochemischen Gradienten an Hydrothermalquellen spielen. Ziel ist es, ihre Funktion innerhalb des Systems zu verstehen, wie auch ihren Einfluss auf den Umsatz global wichtiger Elemente, wie Kohlenstoff und Eisen, zu erlangen.

Aktivitäten innerhalb der Abteilung Molekulare Ökologie

Unsere Arbeitsgebiete befinden sich entlang des Mittelatlantischen Rückens zwischen Azoren und Äquator (Menez Gwen, Logatchev, Semenov, Ashadze, Irinovskoe) sowie im Südpazifik (Manusbecken, Kermadec Bogen, Tonga Bogen).

Aktuelle und abgeschlossene Projekte

In unseren bisherigen Studien haben wir u. a. den Schwefelkreislauf in hydrothermalen Sedimenten (Schauer et al. 2011) und die Anpassung von schwefeloxidierenden Bakterien an unterschiedliche ökologische Nischen (Meier et al. 2017) untersucht. Heterotrophe mikrobielle Gemeinschaften in nächster Nähe zu Austritten hydrothermaler Wässer (Fluide) wurde charakterisiert (Meier et al. 2016). Darüber hinaus wurden in kombinierten Metagenom-/Metaproteom-Studien mikrobielle Gemeinschaften auf aktive und inaktive Kaminstukturen, sogenannte „Chimneys", auf ihre taxonomische Zusammensetzung  und ihr metabolisches Potenzial untersucht. (Meier et al. 2019, Pjevac et al. 2018). Unsere aktuelle Forschung beschäftigt sich mit der Charakterisierung mikrobieller Gemeinschaften in hydrothermalen Plumes des Kermadec und Tonga Bogens.

 

Was sind Tiefsee-Hydrothermalquellen?

Hydrothermalquellen in der Tiefsee stellen einzigartige, hoch produktive Oasen mitten in der ansonsten nährstoffarmen, dunklen Tiefsee dar. Sie kommen z. B. entlang ozeanischer Rücken vor, wo sich eine heiße Quelle, wie z. B. eine Magmaquelle, nahe unter dem Meeresboden befindet. In diesen Regionen dringt kaltes, sauerstoffreiches Seewasser in das Gestein ein, wird auf seinem Weg durch das Gestein erhitzt und in der Interaktion mit dem Gestein in seiner chemischen Zusammensetzung verändert, bevor es wieder aus dem Meeresboden als sogenanntes hydrothermales „Fluid“ austritt. Hierbei werden heiße (i. a. >200° C) und diffuse (i. a. <100° C) Austrittsstellen, bzw. Fluide, unterschieden. Diese Fluide sind, abhängig von den geologischen Gegebenheiten, angereichert mit Schwefelwasserstoff, Wasserstoff, Methan, Eisen und anderen reduzierten Verbindungen. Diese können von sogenannten „chemoautotrophen“ Mikroorganismen zum lichtunabhängigen Aufbau von Biomasse genutzt werden. Diese Biomasse kann im Folgenden von anderen „heterotrophen“ Organismen genutzt werden. Alles zusammen führt zu lokal beschränkten, einzigartigen, faszinierenden Lebenswelten.

Vent
Schematische Übersicht über den Aufbau einer Hydrothermalquelle. Meerwasser dringt in die Erdkruste ein und wird auf dem Weg zum heißen Mantelgestein aufgeheizt. Magnesium und Kalzium fallen aus und werden somit aus dem Wasser entfernt. Sulfat präzipitiert mit Kalzium oder wird zu Schwefelwasserstoff reduziert. Verschiedene Komponenten, wie Eisen, Zink, Kupfer und Sulfid, werden aus dem Magmagestein herausgelöst und treten in das Meerwasser über. Gase, wie Helium, Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid, entweichen aus dem Magma. Das heiße, so veränderte Seewasser wird nun als heißes Fluid bezeichnet. Es wird in das kalte, sauerstoffhaltige Meerwasser abgegeben. An Stellen, wo heißes Fluid fokussiert in das Meerwasser abgegeben wird, können Metallsulfide ausfallen und mehrere Meter hohe massive Kaminstrukturen („Chimneys“) ausbilden. An diffusen Fluidaustrittsstellen hat das Fluid eine deutlich geringere Temperatur und fließt langsamer. Diffuses Fluide entsteht, z. B. durch konduktive Abkühlung von heißen Fluiden, die Durchmischung von heißen Fluiden mit Meerwasser in unterirdischen Bereichen, oder durch konduktives Aufheizen von Meerwasser. © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/D. Meier
 

Einnischung von gemeinsam vorkommenden schwefeloxidierenden Bakterien im Manusbecken

An Hydrothermalquellen in der Tiefsee wird die Primärproduktion, d. h. der Aufbau von Biomasse, von chemoautotrophen Mikroorganismen geleistet. Dabei ist die Oxidation reduzierter Schwefelverbindungen durch schwefeloxidierende Mikroorganismen (SOB) ein Haupttreiber für den Biomasseaufbau. Als Follow-up von Pjevac et al. (2014) und einer noch nicht durchgeführten  systematische Studie zur Einnischung von parallel vorkommenden SOB an hydrothermalen „Chimneys“ untersuchten wir in einer unserer Studien systematisch die Nischendifferenzierung häufig vorkommender schwefeloxidierender Bakterien im Manusbecken (Meier et al. 2017). 33 Proben von diffusen Fluiden und aus der Wassersäule (Plume und Hintergrund) sowie 23 Proben von Oberflächen von „Chimneys“, Gestein und Fauna wurden einer vergleichenden Analyse von 16S-RNA-Gensequenzen, Metagenomen und in situ gemessenen geochemischen Umweltparametern unterzogen. Wir fanden, dass mit der Gattung Sulfurovum verwandte Epsilonproteobakterien hauptsächlich auf Oberflächen rund um Austrittsstellen diffuser Fluide vorkamen. Gammaproteobakterien der SUP05-Gruppe dominierten dagegen das Bakterioplankton in Zonen stark mit Seewasser verdünnter Fluide. Basierend auf den erhaltenen Daten wurde postuliert, dass die hohe Diversität, die für Epsilonproteobakterien der Gattungen Sulfurimonas und Sulfurovum beobachtet wurde, durch die starke Variation von Umweltparametern wie Sauerstoff- und Sulfidkonzentrationen über kleine räumliche und zeitliche Skalen verursacht wird.

Meier et al., 2017
Relative Häufigkeit und taxonomische Klassifizierung von 16S-rRNA-Gensequenzen, die von Proben hydrothermaler Standorte im Manusbeckens genomen wurden. Vermutlich schwefeloxidierende Bakterien sind fett gedruckt und mit einem Sternchen gekennzeichnet. Der auf einer Bray-Curtis-Unähnlichkeitsmatrix basierende Baum zeigt die Ähnlichkeit der Proben in Bezug auf die Zusammensetzung der bakteriellen Population © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/Meier et al. 2017
 

Heterotrophe Bakterien an Hydrothermalquellen

Im Hinblick auf den Kohlenstoffkreislauf spielt nicht nur der Aufbau von Biomasse, sondern auch deren Abbau eine wichtige Rolle. In zwei unserer Studien haben wir uns daher das Vorkommen von heterotrophen, d. h. Kohlenstoffverbindungen abbauenden  Mikroorganismen näher angesehen. Wir konnten zeigen, dass verschiedene Gammaproteobakterien-Gruppen in diffusen Fluiden des Manus Beckens in der Lage sind, Acetat, eine einfache Kohlenstoffverbindung, zu verwerten. In diffusen Fluiden (< 120° C) des Menez Gwen Hydrothermalfeldes auf dem Mittelatlantischen Rücken konnten wir darüber hinaus eine neue Gruppe an Nautiliales-verwandten Epsilonproteobakterien nachweisen, die ebenfalls Acetat verwerten kann (Winkel et al. 2014). In einer weiteren Studie (Meier et al. 2016) haben wir uns das Vorkommen heterotropher Mikroorganismen auf dem Weg von der Fluid-Austrittsstelle bis in die noch hydrothermal beeinflusste Wassersäule (hydrothermaler Plume) genauer angesehen. Dabei kamen Methoden, wie die Hochdurchsatz 16S rRNA Sequenzierung, die Fluoreszenz in situ Hybridisierung, und die Metagenomanalyse, wie auch geochemische und thermodynamische Methoden zum Einsatz. In den diffusen Fluiden fanden wir, wie erwartet, vorrangig bereits bekannte chemoautotrophe Epsilonproteobakterien. In der Durchmischungszone im Umfeld der Quelle waren die Mikroorganismengemeinschaften aber bereits deutlich anders zusammengesetzt. Obwohl in dem Bereich energetisch gesehen Chemoautotrophie möglich war, fand sich ein großer Anteil heterotropher Mikroorganismen (Alphaproteobakterien und Gammaproteobakterien), der die Quelle wie eine Art „Gürtel“ umschloss. Eine Analyse der Erbinformation dieser heterotrophen Organismen zeigte, dass sie über vielseitige Abbauwege für Kohlenstoffverbindungen verfügen, die u. a. auch den Alkanabbau einschließen.     

Meier et al. 2016
Vorschlag für das Vorkommen verschiedener mikrobieller Lebensstile rund um eine diffuse Fluidaustrittsstelle. In Gelb: chemolithoautotrophe Mikroorganismen im Fluid-Austrittsbereich, in Fluid-gefüllten Kammern unter der Gesteinsoberfläche oder als Symbionten in Tieren. In Grün: heterotrophe Organismen, die Kohlenstoffverbindungen abbauen. In Violett: oligotrophe Organismen, die typisch für die nicht hydrothermal beeinflusste Tiefsee sind. © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/Meier et al. 2016)
 

Mikrobielles Leben auf hydrothermalen Schloten („Chimneys")

Hydrothermale (Sulfid-) Schornsteine/„Chimneys“ sind beeindruckende Formationen, charakteristisch für Tiefsee-Hydrothermalquellen. Sie werden gebildet, wenn heiße, saure, metall- und sulfidreiche Fluide, arm an Magnesium und Sulfat, in kaltes sauerstoffhaltiges Meerwasser abgegeben werden. Dabei hängt die mineralische Zusammensetzung und Struktur der „Chimneys“ stark vom geologischen Untergrund ab, der die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Fluide beeinflusst. Entsprechend den auf „Chimneys“ vorherrschenden steilen physikalisch-chemischen Gradienten bieten diese eine Vielzahl ökologischer Nischen und werden somit von verschiedensten mikrobiellen Taxa bewohnt.

Leben auf aktiven „Chimneys“

Im Rahmen unserer Studien untersuchten wir mikrobielle Beläge auf massiven Sulfid-„Chimneys“ aus dem Manusbecken. Diese enthielten alle verschiedenste chemolithoautotrophe Epsilonproteobakterien. Die Häufigkeit und Verteilung von anderen vermutlichen Primärproduzenten (z. B. Gammaproteobakterien, Zetaproteobakterien und Aquificae) war dagegen auf „Chimneys“ mit fokussiertem bzw. diffusem Fluidaustritt unterschiedlich (Reeves et al. 2014; Meier et al. 2017). Mithilfe der Proteogenomik konnten wir trotz unterschiedlicher Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft und des unterschiedlichen Fluidflusses Überlappungen in den in-situ Funktionsprofilen feststellen (Pjevac et al. 2018). Die sehr vielfältige mikrobielle Gemeinschaft eines „schwarzen Rauchers“ (heißer fokussierter Austritt von Fluid aus massivem Sulfid-„chimney“) hatte ein hochgradig redundantes Stoffwechselpotential. Im Gegensatz dazu zeigte die wesentlich weniger vielfältige Gemeinschaft, die einen „Chimney" mit heißem diffusen Fluidfluss besiedelte, eine höhere metabolische Vielseitigkeit. Eine erhöhte Diversität auf phylogenetischer Ebene war somit nicht direkt mit einer erhöhten metabolischen Diversität der mikrobiellen Gemeinschaft verbunden. Wir konnten auch zeigen, dass eine veränderte Kopie eines Schlüsselgens des Sox-Schwefeloxidationsweges, soxY (soxY-II), tatsächlich exprimiert wurde, was auf eine signifikante Rolle im Schwefelkreislauf an hydrothermalen Quellen hinweist.

Leben auf inaktiven „Chimneys“

Im Vergleich zu aktiven „Chimneys“ ist noch weniger über die Zusammensetzung und Stoffwechselaktivität von mikrobiellen Gemeinschaften auf inaktiven „Chimneys“ bekannt. In einer weiteren proteogenomischen Studie identifizierten wir auf inaktiven „Chimneys“ vergleichbaren mineralogischen Ursprungs zwei Haupttypen von mikrobiellen Gemeinschaften, die sich deutlich von den für aktive „Chimneys“ beschriebenen unterschieden: i) Ein Typ war durch eine Dominanz von vermutlich anaerob und autotroph wachsenden Nitrospirae-verwandten Sulfatreduzierern gekennzeichnet, ii) der andere durch aerobe sulfidoxidierende autotrophe Gammaproteobakterien (Meier et al. 2019). Mit dieser Studie haben wir neue Einblicke in den Lebensstil von bisher schlecht charakterisierten taxonomischen Gruppen von Mikroorganismen, wie Nitrospirae, Gammaproteobakterien der Woeseiaceae-Familie, sowie der Siboglinidae-Symbionten-verwandten (SSr)-Klade erhalten. Unsere Ergebnisse stützen die These, dass Mikroorganismen der Woeseiaceae-Familie und der SSr-Klade eine wichtige Rolle bei der Verwitterung von Schwefelmineralien und als Primärproduzenten in benthischen marinen Lebensräumen spielen.

Chimney
© MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen
 

Mikrobielles Leben im hydrothermalen Plume

Heiße Fluide mischen sich nach dem Austritt ins Seewasser sehr schnell mit dem Umgebungswasser und steigen, unter ständiger Vermischung mit Seewasser, in der Wassersäule auf (aufsteigender Plume) bis zu einem Bereich, der ihrer eigenen Dichte entspricht (eingeschichteter Plume). Auf diesem Weg werden an Hydrothermalquellen freigesetzte Stoffe in entferntere Bereiche des Ozeans verteilt.

Durch den Austritt energiereicher Fluide in die darüberliegende Wassersäule werden auch die mikrobiellen Gemeinschaften in der darüberliegenden Wassersäule in ihrer Zusammensetzung und Funktion beeinflusst. In ihrer Doktorarbeit untersucht Bledina Dede die Ökologie mikrobieller Gemeinschaften entlang von Mischungsgradienten vom Austritt des hydrothermalen Fluids bis in den eingeschichteten Plume anhand von Proben von Vulkanbogensystemen des Kermadec- und Tongabogens (Südpazifik).

 
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