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Sandbox games for adults

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Überall an der Nordsee ist der Strand ein beliebtes Urlaubsziel und bestimmt hat jeder schon einmal mit Schaufel und Förmchen im Sand gebuddelt oder an der Wasserkante Kleckerburgen aufgetürmt. Doch Sand ist viel mehr als praktisches Baumaterial im Urlaub. Was passiert zum Beispiel, wenn Sand sich aus einem beständigen Teilchenregen zu einer Schicht zusammenfügt, die in der Zusammensetzung, Korngröße, durch chemische und/oder biologische Abläufe oder durch Einwirkung des Klimas variabel ist? Dann haben wir auf einmal auffällige Merkmale eines sogenannten Sedimentkörpers (Sediment = jene Materialien, die sich am Grunde des Meeres oder eines anderes Gewässers im Laufe der Zeit ablagern), der für WissenschaftlerInnen so spannend wird, dass sie sich tagein und tagaus mit ihm beschäftigen.

Küste vor Spiekeroog mit breitem Sandstreifen
Küste vor Spiekeroog mit breitem Sandstreifen (© shutterstock / Blue Crayola)
Woraus besteht eigentlich Sand?

Sand für sich genommen besteht aus klitzekleinen Gesteinsstückchen. Je nach Mineralart kann er ganz verschiedene Farben haben. Da eines der häufigsten Mineralien der Erde Quarz ist, findet man auch häufig Sand, der aus Quarz besteht. Dieser hat eine hellbraune Farbe und ist im wahrsten Sinne des Wortes steinalt, denn er ist während Millionen von Jahren entstanden.

Kommen zu diesen losen Gesteinsstückchen weitere Partikel unterschiedlichster Art und Herkunft hinzu, wie zum Beispiel Schalen von Mikrofossilien, Verwitterungsreste vom Land und organische Reste abgestorbener Meeresbewohner, so ergibt das zunächst einen losen Verbund von Miniaturteilchen. Mit der Zeit verkleben sie miteinander und werden unter der Wasserlast des Meeres zusammengepresst. Der Druck sorgt dafür, dass das Wasser zwischen den Einzelteilchen herausgepresst wird und ein permeables (durchlässiges) Küstensediment entsteht. Bevor es dazu kommt, wird die Reise der winzigen Bestandteile allerdings durch die unterschiedlichsten Umgebungseinflüsse bestimmt. Insbesondere die Wasserbewegung trägt entscheidend dazu bei, an welchem Ort es zu Ablagerungen kommt.

Welchen Einfluss hat denn die Wasserbewegung, also die Strömung?

Je größer die Strömungsgeschwindigkeit ist, desto größer können die Teilchen sein, die bewegt werden. Auch bereits am Meeresboden liegende Körner werden hierbei mitbewegt und dadurch weitertransportiert. Zusätzlich sorgt die Meeresströmung unter anderem für die Entstehung und Zerstörung von Sandwellen am Meeresboden, den so genannten Rippeln. Sie kommen dadurch zustande, dass die Strömung über den Bodenvertiefungen schneller ist als über den Bodenerhöhungen. Also kommt es in den "Hochlagen" zu mehr Sedimentablagerungen, als in den "Dellen". 

Doch das Meerwasser bewirkt noch viel mehr. So herrscht an der höchsten Erhebung der Sandwellen längst nicht so viel Wasserdruck wie an den Seitenflächen – ähnlich wie bei der Tragfläche eines Flugzeuges. Das ist deshalb wichtig zu wissen, weil diese Unterschiede – und sind sie noch so klein – dafür sorgen, dass Wasser durch den Sandboden gepumpt wird. Wenn wir nun ein wenig unser Schulwissen bemühen, fällt uns ein, dass Wasser eine chemische Verbindung aus den Elementen Sauerstoff und Wasserstoff ist. Gleichzeitig ist es aber auch ein Transportmittel für weitere Stoffe und kann dabei auch noch superdynamisch sein. 

Sandrippel (© shutterstock/ Pietro Meloni)
Sandrippel (© shutterstock/ Pietro Meloni)

Packen wir nun diese dynamischen Stoffflüsse und das sandige Sediment zusammen, sind wir schon recht dicht an den Forschungsfragen der Abteilung Biogeochemie, Gruppe „Sandy sediments“. Ein wichtiger Mitspieler fehlt allerdings noch, um das gigantische Filtersystem am Laufen zu halten: die Mikroorganismen. Sie tragen durch die Umsetzung organischer Materialien und die Freisetzung von Nährstoffen wesentlich zum Gelingen des Kreislaufs bei. Auf Sandkörnern wohnen die unterschiedlichsten Bakterien – zu mehreren Tausend bis Hunderttausenden! Dadurch bewirken sie auch einiges. Ein Großteil von ihnen wird durch den Verbrauch des im Wasser befindlichen Sauerstoffs aktiv, die anderen agieren anoxisch im Sediment. Beide tragen damit erheblich zum Nährstoffkreislauf bei.

Vergrößerung eines Sandkorns und der Bakterien, die darauf leben. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, David Probandt)
Vergrößerung eines Sandkorns und der Bakterien, die darauf leben. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ David Probandt)
Anoxisch ­– was ist denn das?

Klingt schwieriger, als es ist. Es setzt sich aus dem griechischen an (= nicht) und oxys (= sauer) zusammen. Also bedeutet es einerseits sauerstofffrei, bezeichnet aber andererseits auch eine Umgebung ohne freien Sauerstoff, aber mit oxidierten Verbindungen, wie zum Beispiel im Wasser gebundenes Kohlenstoffdioxid, Nitrat oder Sulfat. In einem solchen System können nur Organismen aktiv sein, die nicht auf Sauerstoff angewiesen sind, sogenannte Anaerobier.

Da müssen wir ein weiteres Mal das griechische Wörterbuch bemühen: an (= nicht), aer (= Luft) und bios (= Leben). Demnach handelt es sich um ein Lebewesen, das ohne Sauerstoff leben kann. Konkludent dazu bedienen sie sich einer anaeroben Atmung. Anstelle von Sauerstoff dient so zum Beispiel Nitrat als Elektronenakzeptor zum Gewinn von Stoffwechselenergie. Es handelt sich um eine sogenannte Redox-Reaktion. Dabei reagieren zwei Partner miteinander: der eine wird reduziert, der andere oxidiert. Hierbei wechseln Elektronen. Jener Partner, der Elektronen aufnimmt, wird reduziert, der andere oxidiert. Für alle, denen das zu kompliziert erscheint: Beide Seiten gewinnen. Die Bakterien erhalten Energie und das Nitrat wird durch die Elektronenaufnahme so zufrieden und träge, dass es in eine untätige Form überführt wird. Dadurch ist es nicht länger als „Dünger“ im Ökosystem unterwegs und somit auch nicht mehr für die Umwelt von Bedeutung.

Nachdem nun alle Mitwirkenden bekannt sind, erschließt sich auch der Forschungsansatz. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem Zusammenwirken der Aktivität der Mikroorganismen und der Fähigkeit der transportierten Stoffe, im Sediment eine Reaktion einzugehen.

 

Aha! Und wieso, weshalb und warum ist das nützlich zu wissen?

Überlegt man, wie stark der Einfluss des Menschen allein durch den Nährstoffeintrag in diesem Lebensraum ist und welche bedeutende Rolle die winzigen Bakterien spielen, um das Ökosystem Meer und all die großen Stoffkreisläufe dort am Laufen zu halten, müssen wir feststellen:

Das betrifft jeden von uns und es ist somit nicht nur nützlich, sondern auch wichtig, das komplexe Zusammenspiel zu verstehen, daraus Vorhersagen beispielsweise für das Klima abzuleiten und es zu schützen. (Denjenigen, die bereits den Beitrag über Lance-A-Lot gelesen haben, kommt dieser Absatz vielleicht sehr bekannt vor!)

 

Doch wie kommen nun der dynamische Lebensraum und Lance-A-Lot zusammen?

Na, in erster Linie durch Herrn Dr. Ahmerkamp, der sich dieses Themas angenommen hat, und der Lance-A-Lot zum Meeresboden schickt. Bislang waren diese Wechselwirkungen meist nur im Labor untersucht worden waren. Die Forschungsgruppe um Soeren Ahmerkamp hat das Labor deshalb verlassen und hat sich vor Ort angesehen, wie und was in der Realität passiert. Da die sandigen Sedimente sehr unterschiedlich sein können, kam Lance-A-Lot ins Spiel, der gleichzeitig Daten über die Strömungsgeschwindigkeit, die Form des Meeresbodens, die Tiefe des Eindringens von Sauerstoff und deren zeitliche Veränderung sammeln kann. Die Forscher führten Messungen an 25 unterschiedlichen Stellen durch, um der abwechslungsreichen Sedimentverteilung in der Nordsee gerecht zu werden. Die Auswertung der gesammelten Daten erfolgte in Kombination mit den Ergebnissen aus Laborversuchen.

Lance-A-Lot im Einsatz am Meeresboden (© HYDRA - Institut für Meereswissenschaften / Boris Unger)
Lance-A-Lot im Einsatz am Meeresboden (© HYDRA - Institut für Meereswissenschaften / Boris Unger)

Was haben die Beobachtungen an Erkenntnissen gebracht?

Da wäre zunächst: Der Transport des Sediments und die Bewegung der unterschiedlichen Bodenformen ist wichtiger für die Wasserströmung zwischen den einzelnen Sandkörnern und kann das Eindringen unterschiedlichster gelöster Stoffe begrenzen.

Dementsprechend variabel sind auch die Lebensbedingungen, die der Bakteriengemeinschaft einiges an Anpassung abverlangen. Doch gerade diese Bakterien schaffen es, durch ihre aerobe und anaerobe Atmung auch eingeleitete Stoffe aus dem Meerwasser zu verarbeiten. So wirken die Sande wie ein riesiger Filter, der durch die Reinigung hilft, diese Region vor den Auswirkungen zu starker Nutzung durch den Menschen zu schützen. Die gewonnenen Daten schaffen außerdem die Voraussetzung, um ein Modell zu erarbeiten, welches Vorhersagen mikrobiologischer und geochemischer Prozesse ermöglicht.

Alles in allem eine wertvolle Grundlage zur weiteren Beobachtung des „Sandy sediment“. Vielleicht aber auch ein wertvoller Ideengeber, um Konzepte zum Schutz des Ökosystems Wattenmeer anzupassen. Was meint ihr?

Audio-Interview

Svenja spricht mit Sören Ahmerkamp über seine Arbeit als Meeresforscher

 

Quellen

  • Hempel, G. (Hg.): Der Ozean - Lebensraum und Klimasteuerung: Weltweite Meeresforschung in Bremen und Bremerhaven. Jahrbuch 2001/2002 der Wittheit zu Bremen. Hauschild 2002. 
  • Kuypers, M.: Der Stickstoffzyklus des Ozeans. Forschungsbericht 2006. https://www.mpg.de/460986/forschungsSchwerpunkt
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