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Direkt neben dem Atacama-Graben - Blogpost 2 vom 07. März 2018

Forschungsschiff Sonne, Chile

Mittwoch, 7. März 2018

Es geht voran. Nach einem kleinen Zwischenstopp in der Hafenstadt Mejillones, wo wir die letzte Palette mit wissenschaftlicher Ausrüstung an Bord nehmen konnten, sind wir jetzt auf 23 ° 48,725 S und 70 ° 50,94 W angekommen. Hier findet unsere erste Probenahme statt. Sie liegt noch auf der Abyssal-Ebene auf 2550 Metern direkt neben dem Tiefseegraben. Gestern und vorgestern konnten wir dort mit besonderen Kamerasystemen die Beschaffenheit des Meeresbodens studieren.

 

Was ist in der Wassersäule?
Wir erfuhren beispielsweise, welche Fische dort leben. Die Forschergruppe um Alan Jamieson mit Heather Stewart (British Geological Survey), Mackenzie Gerringer (University of Washington) und Thomas Linley von der Newcastle University lockte die Tiefseekreaturen mit einem Köder an. Das Sediment in 2550 Meter Tiefe wirbelte schlagartig hoch, als der Kameralander RIEVER auf den Meeresboden aufsetzte. Es dauerte nicht lange, und die ersten Tiefseebewohner folgten neugierig der für sie unwiderstehlichen Geruchswolke und kamen in den Aufnahmebereich der Kamera. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, welche Arten in welchen Tiefenbereichen leben. Die Fische müssen dem jeweiligen Druckbereich angepasst sein, damit ihr Stoffwechsel und damit ihre Enzyme bei hohen Drücken bis 8000 Metern Tiefe und 800 bar noch funktionieren. Und das schaffen nur Spezialisten. Interessant dabei ist die Frage, welche Überlebensstrategie welche Spezies im Laufe der Evolution entwickelt haben.


Was passiert etwas tiefer in den oberen Sedimentschichten?
Mehr als drei Tage hat es gedauert, das fast vier Meter hohe Absetzgestell FLUX-Lander zusammenzubauen. Axel Nordhausen und Volker Asendorf vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie behalten den Überblick über hunderte von Schrauben und wasserdichten Elektronikverbindungen. Diese sind nötig, damit das Gerät in der Tiefsee seine Aufgabe erledigen kann. Axel und Volker gehören zur Gruppe von Chief Scientist Frank Wenzhöfer vom Bremer Max-Planck-Institut. Sein Ziel ist es, mit dem FLUX-Lander die Vorgänge in den obersten 10 Zentimetern des Sediments zu untersuchen. Dort läuft ein wichtiger Prozess des Kohlenstoffkreislaufs ab: Mikroorganismen verdauen die abgestorbene organische Materie, die als mariner Schnee permanent von den oberen Schichten herabrieselt. Und dabei verzehren sie Sauerstoff.
Mit dem FLUX-Lander ist es möglich, diesen Prozess direkt am Tiefseeboden, also In-Situ, zu verfolgen. Drei unten und oben offene Messkammern des Landersystems senken sich hydraulisch 25 Zentimeter tief in den Tiefseeboden, verschließen sich selbständig und schließen so einen definierten Wasserkörper ein. In diesen drei Probenräumen messen Sauerstoffsensoren den Abfall des Sauerstoffgehalts mit der Zeit, und zu genau definierten Zeitpunkten entnimmt das Landersystem 50 Millimeter Bodenwasser für spätere Nährstoffanalysen. Kennt man die Geschwindigkeit, mit der sich diese Gehalte an Sauerstoff, Schwefelwasserstoff und Nährstoffen wie Nitrat, Phosphat, Ammonium verändern, kann man wichtige Prozesse des jeweiligen Habitats ableiten. Mit einem weiteren Instrument messen Sauerstoffsensoren, wie der Sauerstoff sich im Sediment verteilt. Der Sauerstoff im Sediment stammt ursprünglich aus der Wassersäule, er dringt ins Sediment ein und wird dort von den mikrobiologischen Prozessen verzehrt. Mit steigender Tiefe nimmt der Sauerstoffgehalt also ab. Aus diesem Kurvenverlauf lassen sich die Stoffflüsse berechnen. Die Arbeitshypothese dieser Ausfahrt ist, dass in den Tiefseegräben bei 8000 Metern der Kurvenverlauf steiler abfällt als in der benachbarten Abyssalebene: Mithin also die Tiefseegräben aktiver als die flacheren Gebiete sind. Und das gilt es jetzt zu prüfen.

Grüße von Bord der Sonne
Manfred Schlösser

Logo der Expedition SO261
tiefseebild
Erster Einsatz des Riever für die hungrigen Gäste: Ein Rat-Tail und ein Cusk Eel machen sich in 2550 Metern Tiefe über den Köder her . (Foto links M.Schlösser, rechts Newcastle University ).
Erster Einsatz des Riever für die hungrigen Gäste: Ein Grenadierfisch und ein Bartmännchen machen sich in 2550 Metern Tiefe über den Köder her.
(Foto oben: Newcastle University; unten: M. Schlösser)
Done: After three days of intensive work, the FLUX lander is ready for action. (Photo M. Schlösser)
Geschafft: Nach drei Tagen intensiver Arbeit ist der FLUX-Lander bereit zum Einsatz.
(Foto M. Schlösser)

 Spezifische Fragestellungen dieser Forschungsreise sind:

  • Welche sedimentären Prozesse liefern die Nahrung für die hadale Lebensgemeinschaft im Atacamagraben?

  • Wie unterscheiden sich der Artenreichtum, die Diversität und die Gemeinschaftsstruktur von Mikroorganismen, der Meio- und Makrofauna im Atacamagraben von Gräben in weniger produktiven Regionen und nahegelegenen Tiefsee- und Schelfgebieten?

  • Was sind die generellen biogeochemischen Charakteristika des Oberflächen- und Tiefensediments sowie der Wassersäule im eutrophen Atacamagraben?

  • Wie genau verläuft die Mineralisierung bei der Zersetzung organischen Materials im eutrophen Atacamagraben?

  • Wie effizient arbeiten die mikrobiellen Gemeinschaften unter extremen hydrostatischen Druckverhältnissen bei der Mineralisierung organischen Materials im Vergleich zu Gemeinschaften in seichteren Gefilden? Und in welchem Ausmaß beeinflussen spezialisierte, bisher unbekannte extremophile mikrobielle Gemeinschaften diese Prozesse?

Weitere Informationen

Mehr Details über das Projekt von der Süddänischen Universität.

Weiteres Bildmaterial zum Projekt.

Bericht über Ronnie N Glud bei Danmarks Radio (auf Dänisch)

Die SONNE ist ein modernes deutsches Forschungsschiff, dessen Fahrtgebiet hauptsächlich im Pazifik liegt. Die Ausfahrt SO261 läuft vom 2. März bis zum 2. April 2018.

Weitere Informationen zur SONNE finden Sie hier.

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