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Alles ausgebucht am Meeresgrund: Auf Sandkörnern scheint kein Platz für neue Bakterien

20.07.2021

Ob Sommer oder Winter, ob Mitternachtssonne oder Polarnacht – auf dem Sand des Meeresbodens wohnen stets die gleichen Bakterien. Zwar unterscheiden sie sich zwischen verschiedenen Meeresregionen, aber nicht zwischen den Jahreszeiten. Vermutlich ist einfach kein Platz für Veränderungen. Das zeigt eine Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologe in Bremen, die nun im Journal ISME Communications erschien.

Nordseeinsel Helgoland
Sand gibt es genug auf der Nordseeinsel Helgoland. Und dennoch ist auf dem sandbedeckten Meeresboden der Wohnraum für neue Bakterienarten sehr begrenzt. © Jan Brüwer

Ein entspannter Urlaub am Strand befreit uns von vielen Sorgen des Alltags. Aber der Sand reinigt nicht nur Kopf und Seele der Urlaubenden – er reinigt auch das Meerwasser.

Küstensande sind sogenannte biokatalytische Filter. Auf jedem Sandkorn wohnen hunderttausende Bakterien, und die verarbeiten beispielsweise Stickstoff und Kohlenstoff aus dem Meerwasser, das die Sande durchströmt. So wirken die Sande wie riesige, reinigende Filter. Vieles von dem, was das Meerwasser in den Boden spült, kommt so nicht wieder heraus.

Eine Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen, die im Fachmagazin ISME Communications veröffentlicht wurde, zeigt nun: Auf den Sandkörnern wohnen ganz andere Bakterien als im Meerwasser. Und während die Bakteriengemeinschaft im Wasser sich im Wandel der Jahreszeiten stets verändert und anpasst, sind Frühling, Sommer, Herbst und Winter den Sandbakterien reichlich egal.

Spitzbergen
Im Sommer geht die Sonne auf Spitzbergen nie unter, im Winter schafft sie es nicht über den Horizont. Die Bakteriengemeinschaft auf dem Sandboden des Meeres verändert sich dadurch nicht. © Katrin Knittel

Stabil in Zahl und Art

Das Team rund um Katrin Knittel und Sebastian Miksch vom Bremer Max-Planck-Institut untersuchte die Sandbakterien in der Nordsee vor Helgoland und in der Arktis bei Spitzbergen, wo in der Polarnacht gar keine Primärproduktion stattfindet. „Sowohl die Anzahl als auch die Art der Bakterien war erstaunlich stabil“, berichtet Miksch, der die Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit durchführte. „Besonders zahlreich und auch besonders aktiv waren Actinobacteria der Ordnungen Actinomarinales und Microtrichales. Sie spielen wohl eine herausragende Rolle beim Umsatz organischen Materials in diesen Küstengebieten.“ Zwar unterscheiden sich die jeweiligen Anteile dieser beiden Gruppen deutlich zwischen den untersuchten Standorten in Helgoland und Svalbard. In sich verändern sie sich aber kaum.

Auf dem Sandkorn alles ausgebucht

„Wir waren sehr überrascht, dass sich im Meeresboden ein so anderes Muster zeigt, als im Wasser“, erklärt auch Katrin Knittel. Die vor Reibung und Fressfeinden geschützten Plätze auf den Sandkörnern sind mit Bakterien dicht besiedelt, exponierte Bereiche hingegen sind nur sehr dünn besiedelt. Die Forschenden vermuten daher, dass einfach kein bewohnbarer Platz mehr für neue, andere Bewohner zur Verfügung steht. “Es scheinen schon alle Wohnungen belegt zu sein. Neue Mieter, die die Gemeinschaft verändern könnten, finden einfach keinen Platz – oder zumindest nicht in großer Zahl“, so Knittel weiter.

Aber sind die Jahreszeit ebenso wie Polarnacht und -tag den Bakterien wirklich egal? „Wir wollen nun einen Schritt weitergehen und in die Bakterien hineinschauen. Die Bakterien bleiben zwar die gleichen, aber verändert sich im Laufe der Jahreszeiten vielleicht die Aktivität verschiedener Enzyme, weil unterschiedliche Nahrung am Boden ankommt?“

Originalveröffentlichung

Sebastian Miksch, Mirja Meiners, Anke Meyerdierks, David Probandt, Gunter Wegener, Jürgen Titschack, Maria A. Jensen, Andreas Ellrott, Rudolf Amann and Katrin Knittel (2021): Bacterial communities in temperate and polar coastal sands are seasonally stable. ISME Communications (published online 28. 06.2021)  

DOI: https://doi.org/10.1038/s43705-021-00028-w

Im Oktober 2021 haben wir eine Spende der Andreas Rühl Stiftung über 10.000 Euro erhalten. Die Spende unterstützt uns dabei, die hier beschriebene Forschung weiterzuführen.

Wir freuen uns sehr über diese großzügige Unterstützung!

Beteiligte Institutionen

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland

MARUM, Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, Bremen, Deutschland

Senckenberg am Meer, Wilhelmshaven, Deutschland

UNIS, Longyearbyen, Norwegen

Rückfragen bitte an:

Projektleiterin

Abteilung Molekulare Ökologie

Dr. Katrin Knittel

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

2222

Telefon: 

+49 421 2028-9990

Dr. Katrin Knittel

Pressereferentin

Pressestelle

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
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