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Umweltauswirkungen von Ressourcenabbau in der Tiefsee erforschen

11.11.2022
Das Projekt MiningImpact untersucht auf der Expedition SO295 die Umweltschäden von Manganknollenabbau am Meeresgrund.

Wie stark zerstört der Manganknollenabbau den Lebensraum in der Tiefsee? Das untersucht in den nächsten zwei Monaten die MiningImpact-Expedition SO295 mit dem Forschungsschiff SONNE in den Explorationslizenzgebieten der Clarion-Clipperton Zone im Nordpazifik. Beim Einsammeln von Manganknollen wird die belebte Zone des Meeresbodens abgetragen; zusätzlich bedecken die beim Abbau aufgewirbelten Sedimente große Flächen in der Umgebung. Ziel der Fahrt ist es, das komplette Ausmaß der Umweltauswirkungen anderthalb Jahre nach einem industriellen Gerätetest zu erfassen. 


Gestielte Fauna mit mehreren Schlangensternen auf einer Manganknolle
Gestielte Fauna mit mehreren Schlangensternen auf einer Manganknolle. © ROV Team Kiel 6000, GEOMAR

Der Meeresboden unseres Planeten beherbergt große Vorkommen an Erzen. Diese enthalten gleich mehrere begehrte Metalle, wie Kupfer, Nickel, Kobalt, Lithium, Zink, Molybdän, Seltene Erden, die unsere Gesellschaft für High-Tech Produkte und Technologien im Rahmen der Energiewende zur Verringerung unserer CO2-Emissionen benötigen. Wirtschaftsanalysen prognostizieren daher bis 2050 einen stark steigenden Bedarf an diesen Metallen, der durch herkömmlichen Bergbau an Land oder aufgrund geopolitischer Krisen unter Umständen nicht ausreichend gedeckt werden kann.

Weltweit wurden bisher 31 Lizenzgebiete zur Erkundung dieser Art mineralischer Ressourcen – Manganknollen, Massivsulfide und kobaltreiche Krusten – am Meeresboden vergeben. Mit dieser Aufgabe ist die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) betraut, die die Ressourcen am Meeresboden im „Gebiet“ verwaltet. So wird der Ozeanboden außerhalb der 200-Seemeilenzone von Staaten bezeichnet. Gleichzeitig soll die ISA auch die Meeresumwelt vor schwerwiegenden Schäden durch die Nutzung der Ressourcen bewahren. Hierfür entwickelt sie seit einigen Jahren die internationale Gesetzgebung, den Mining Code. Dieses Regelwerk will die ISA bis Juli 2023 erstellt haben.

Die Expedition SO295 des Projekts MiningImpact mit dem Forschungsschiff SONNE geht aktuell im Manganknollengebiet der Clarion-Clipperton Zone zwischen Mexiko und Hawaii der Frage auf den Grund, wie stark und dauerhaft das Ökosystem des Ozeanbodens durch den Manganknollenabbau geschädigt wird. Die Forschenden aus insgesamt zwölf verschiedenen Instituten erfassen dabei die Auswirkungen eines industriellen Abbautests im Frühjahr 2021, bei dem mit dem Prototypen eines Manganknollen-Kollektors in den Explorationslizenzgebieten der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und des belgischen Unternehmens Global Sea Mineral Resources NV auf mehreren Zehntausend Quadratmetern die obere Schicht des Meeresbodens mit den Manganknollen abgetragen wurde.

„Unsere wissenschaftlich unabhängigen Untersuchungen während dieses Kollektortests haben gezeigt, dass hierbei mit den Knollen die belebte Zone des Meeresbodens, die oberen vier bis acht Zentimeter, komplett entfernt wurden“, erläutert Dr. Matthias Haeckel, mariner Biogeochemiker am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Koordinator des Projektes MiningImpact. In der Wassertiefe, in der Manganknollen vorkommen, baut sich diese Schicht durch das Absinken von abgestorbenem Plankton über 10.000 bis 20.000 Jahre wieder auf. Zudem wird der beim Abbau abgetragene Meeresboden in Form einer Sedimentwolke in das bodennahe Wasser eingeleitet, die sich auf dem Meeresboden auch außerhalb der Abbauflächen ablagert. „Dadurch wird eine deutlich größere Fläche als das Abbau-Areal geschädigt werden. Die Auswirkungen sind zudem langfristig – es wird Jahrhunderte dauern, bis sich die Ökosystemfunktionen in diesen Gebieten wieder erholt haben. Das spezielle Manganknollenhabitat ist jedoch dauerhaft zerstört“, ergänzt Dr. Felix Janßen, Co-Fahrtleiter der Expedition und Tiefseeforscher in der HGF-MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und Technologie des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie und des Alfred-Wegener-Instituts (AWI). Damit die Nutzung dieser marinen Ressource ökonomisch wird, müsste eine einzelne industrielle Operation 200 bis 300 Quadratkilometer Fläche pro Jahr abbauen.

Die wissenschaftliche Ausrüstung auf dem Arbeitsdeck von FS SONNE in Port Hueneme, Kalifornien, angeliefert in 16 Containern
Die wissenschaftliche Ausrüstung auf dem Arbeitsdeck von FS SONNE in Port Hueneme, Kalifornien, angeliefert in 16 Containern © Tim Kalvelage

Manganknollen kommen auf dem Meeresboden in 4.000 bis 6.000 Meter Wassertiefe in allen Ozeanen vor und bilden sich sehr langsam über mehrere Millionen Jahre. Die etwa kartoffelgroßen Knollen aus Mangan- und Eisenoxiden sind von spezifischen Arten von Tiefseeorganismen besiedelt, wie z.B. gestielten Schwämmen, Weichkorallen, Seeanemonen und Seepocken, die auf dem weichen Tiefseeboden nicht vorkommen. „Aber auch im weichen Tiefseesediment leben Hunderte von Arten, wie Ruderfußkrebse, Schlangensterne, Würmer und Muscheln, die durch den Manganknollenabbau beinträchtigt werden. Die Artenvielfalt im Manganknollengebiet ist enorm. Die meisten Arten sind noch nicht beschrieben und über ihre Lebensweise ist noch gar nichts bekannt.“, betont Professor Dr. Pedro Martínez Arbizu, Fahrtleiter der Expedition und Leiter des Deutschen Zentrums für Marine Biodiversitätsforschung bei Senckenberg.

Weichkoralle auf einer Manganknolle
Weichkoralle auf einer Manganknolle. © ROV Team Kiel 6000, GEOMAR

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